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Während die allgemeinen Auslastungsquote bei den öffentlichen Verkehrsmitteln in ganz Europa um 90% gesunken ist, konzentrieren sich Städte und Regierungen nun darauf, die Erholung der Industrie durch Konjunkturpakete zu beschleunigen.

In den Monaten März und April ist die Zahl der Fahrgäste im ÖPNV in vielen Städten und Gemeinden, nach Angaben des Deutsche Städte- und Gemeindebundes (DStGB), um bis zu 90 Prozent gesunken. Auch nach den allgemeinen Lockerungen nutzten nur 20 bis 40 Prozent der alltäglichen Pendler den Bus oder die Bahn, welche ihren Betrieb trotz allem zu fast 100 Prozent aufrechterhalten haben. Durch die erhöhte Frequentierung des Linienverkehrs konnte somit sichergestellt werden, dass den Pendlern genügend Platz zur Verfügung steht, um mehr als den empfohlenen Sicherheitsabstand einzuhalten. Dieses Angebot ist eine wichtige Grundlage für die Beschäftigten an vorderster Front, welche weiterhin zu ihren Arbeitsplätzen in Krankenhäusern, Betriebsstätten sowie anderen wichtigen Dienststellen anreisen müssen.

Doch dieses Ungleichgewicht der Aufrechterhaltung des Vollbetriebs bei einem Bruchteil der Einnahmen hat die ÖPNV-Branche schwer getroffen. Die derzeit erwarteten Verluste liegen bis Ende des Jahres in Deutschland in Höhe von 5 bis 7 Milliarden Euro. Diese Zahlen basieren auf einer Schätzung, die eine zweite Welle des Virus nicht berücksichtigt. Während Monats- und Jahreskarten unverändert bleiben, ist der Verkauf von Einzelfahrkarten um fast 100 Prozent zurückgegangen.

Es scheint eher unwahrscheinlich, dass der ÖPNV in absehbarer Zeit seine volle Kapazität erreichen wird, um diesen Einnahmeausfall zu begleichen. 33 Prozent der Nutzer des öffentlichen Verkehrs, haben sich dazu entschieden, auf das Fahrrad oder das Auto umzusteigen. Neben der Aufrechterhaltung des Grundbetriebs, sind erhöhte Flächendesinfektionen als Routinen unerlässlich, um die Sicherheit der Pendler zu gewährleisten. Es bleibt unumstritten, dass ein funktionierender und leistungsfähiger öffentlicher Personennahverkehr unverzichtbar ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Klimaschutzziele der Bundesregierung und die Notwendigkeit, barrierefreie Lebensbedingungen in den Städten zu gewährleisten. Doch die Verlagerung des Reiseverhaltens zurück auf den privaten Pkw, wird die anhaltende Krise die Transformation der Mobilitätsbranche erheblich negativ beeinflussen.

Die Bemühungen der letzten Jahre, den öffentlichen Verkehr attraktiver zu gestalten, wie z.B. durch die Senkung der Fahrkartenpreise, wurden sehr positiv aufgenommen. Jetzt scheinen sich höhere Preise mehr denn je abzuzeichnen, auch wenn noch niemand darüber spricht. Während bei anderen Transportindustrien bereits Rettungspakete in Umsetzung sind, wartet der ÖPNV nun schon seit Wochen auf die dringend notwendige Entscheidung von Bund und Ländern. Der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln ist für das Gemeinwohl einer Gesellschaft essentiell und wird seine Funktion ohne den Fortbestand von Nahverkehrsunternehmen in städtischen und ländlichen Gebieten nicht erfüllen können.

Die Verkehrsministerkonferenz (VMK) schloss sich in einer einstimmigen Meinung zusammen: Die ÖPNV-Unternehmen brauchen Unterstützung, um weiterhin das Rückgrat der Mobilität in den Städten zu bilden. Es wurde zusätzlich betont, dass die Mittel, die kürzlich im Rahmen des Klimaprogramms der Bundesregierung aufgestockt wurden, bereits anderweitig zugesagt wurden und nicht für ein Rettungspaket für den ÖPNV verwendet werden können. Stattdessen sind zusätzliche Ausgleichszahlungen zur Reduzierung dieser Haushaltsdefizite erforderlich. Konkret fordern die Länder den Bund auf bis zu 2,5 Milliarden Euro für ein wirksames Rettungspaket für den öffentlichen Verkehr bereitzustellen.

In dem am 28. Mai 2020 veröffentlichten Vorschlag sollen sowohl öffentliche als auch private Nahverkehrsunternehmen für ihre Corona-bedingten Einnahmeausfälle gegenüber den Vorjahreszahlen entschädigt werden. Bei der Betrachtung dieser viel zu geringen Ausgleichszahlung, werfen weitere Frage in der Branche auf. Birgt die Finanzierung eines verlustreichen öffentlichen Verkehrssystem, mit noch weniger Fahrgästen die richtige Zukunftsinvestition? Der Koalitionsausschuss traf sich am 3. Juni zur Diskussion einer möglichen Bekämpfung der Auswirkungen des COVID-19 Virus, um den Wohlstand sowie die Stärkung der Zukunftsfähigkeit zu sichern. Dennoch fehlte ein wichtiger Punkt in der Tagesordnung: Wie viel der geplanten Investitionen sollten darauf ausgerichtet werden, den öffentliche Systeme durch technologiegestützte Hilfen attraktiver, effizienter und nachhaltiger zu gestalten? Anstatt defizitäre System zu finanzieren muss eine ganzheitliche Sichtweise verfolgt werden. Es sollten weitere Mobilitätslösungen eingeschlossen werden, um neue innovative Konzepte für eine erfolgreiche öffentliche Verkehrslandschaft zu fördern.

Betrachtet man andere europäische Länder, so kämpfen alle Regierungen mit der richtigen Umsetzung der geplanten finanzielle Unterstützung. Während die EU an der Vorbereitung eines massiven Rettungsschirms arbeitet, hat die Kommission betont, dass die Nachhaltigkeit ein wichtiger Eckpfeiler dieser Unterstützung bleiben muss. Im Mittelpunkt des besagten Konjunkturpakets, welches 750 Milliarden Euro umfasst und einen überarbeiteten Vorschlag für den langfristigen EU-Haushalt bis 2027 vorsieht, steht der “Green Deal” mitunter zur Unterstützung der Nachhaltigkeit im Vordergrund. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung sollen bis zu 100 Milliarden Euro für den Transport- und Verkehrssektor zur Verfügung gestellt werden.

Der Weltverband des öffentlichen Nahverkehrs, UITP, begrüßt diese Entscheidung der EU. Thomas Avanzata, Senior Director der UITP Europa, sagte: “Das EU-Konjunkturpaket ist ein positives Signal und ein Schritt in die richtige Richtung. Obwohl es Türen öffnet, um eine Erholung des Sektors zu ermöglichen, muss es noch klarer und ehrgeiziger sein, wenn es um den öffentlichen Verkehr geht. Das Konjunkturpaket muss spezifischer sein, was die Art der Unterstützung betrifft, die der Nahverkehr und der öffentliche Verkehr erwarten können, damit unsere Städte nach der Pandemie wieder prosperieren können”.

Da sich das Mobilitätsverhalten auch nach COVID-19 weiter verändern wird, bleibt eine gezielte Anpassung der ÖPNV-Regularien an vielen Stellen eine unbeantwortbare Fragestellung. Und während das Rückgrat der Mobilität in jeder Stadt von öffentlichem Interesse bleiben muss, sind die Behörden verpflichtet sowohl zugängliche, attraktive als auch nachhaltige Alternativen anzubieten. Der Ausbau der Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs kann mit der aktuellen Wachstumsgeschwindigkeit der Städte nicht Schritt halten. Dabei erfordert eine einzige neue Buslinie mit angepassten Fahrplänen so hohe finanzielle Mittel, dass sie in keiner Relation zur bestehenden Nachfrage zu stehen scheint. Währenddessen können neue Mobilitätsanbieter ihre Flotten problemlos an die sich kontinuierlich verändernden Bedürfnisse anpassen und nachweislich Kostenersparnisse für die öffentliche Hand bringen. Ausgehend von diesen Erkenntnissen müssen die Behörden dringend darüber nachdenken, wie die Ausschüttung von Subventionen für Geschäftsmodelle multimodaler Mobilität dazu beitragen kann, gemeinsame Interessen und Ziele zu erreichen.

Die Problemlösungen nach der Wiedereröffnung unserer Städte, liegen nicht in der finanziellen Unterstützung der traditionellen Verkehrssysteme aus der Vergangenheit. Wenn die vorgeschlagenen Investitionen eine langfristige Wirkung erzielen sollen, muss eine Diskussion bezüglich der Umwidmung der Rettungsschirme nationaler Regierungen und der EU-Konjunkturpakete geführt werden. Dies ist der richtige Zeitpunkt, um die Zusammenarbeit von öffentlich-privaten Partnerschaften zu fördern, um in Zukunft eine zugängliche und nachhaltige Mobilität in den Städten und darüber hinaus im öffentlichen Verkehr zu etablieren.

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